Ironie und Zwang

Der Zwangsneurotiker, der sich im Kreise drehend der Beschäftigung der Zwänge
hingibt, sei nun dem des Waschzwanges, Sammelzwanges, Alkoholzwanges, Kon-
sumzwanges usw.usw., der tosend das Gehäuse der Zwangshandlung nicht verlassen
kann, der Desperate im Gemäuer der geheimen Rituale, der die Kartoffel schält, bis
ihm das Nichts umgibt, schwebt davon mit der Leichtigkeit des Windes, der warm
und zugleich kälter sein kann als das Eis, welches die Menschenhand durchspült; im Umbruch der Gefühle, schlägt es dann hin bis zu den Segeln der Macht, der die Geister der Wiederholung bemühend in die Verantwortung trägt.

Das Schicksal der Minderheiten, welches ungerührt die Trägheit der Masse im Zei-
chen des Sturmes mit Übelkeit erwidert, erliegt dem Zwang der Unterlegenen, denen
der Schutz im eigentlichen Sinne gilt, jedoch von den erhabenen Trägern der eta-
blierten Massenbeschwörer in den Zenit der gleißenden Sonne getaucht wird.

Das Räderwerk der Historie speit den Zeitgeist der Ironie mit dem Schweif des
verteufelten Engels in die schmucke Runde und fällt wie weißer Schnee, in das Tal
der Gläubigen, die lachend zu den Ungeheuern einer abfälligen Gemeinde ironischer
Freiheitsgebieter gehört, die das Lächeln der Gleichgültigen ummantelt.
Mit verbundenen Augen, die schmalen Lippen bald ohne viel Blut und bleichen Ge-
sichtern leuchtend am klaren Sternenhimmel, sind weiß und schwarz, durch Ambiva-
lenz wechselseitig in Einklang gebracht. Eine Lichterkette könnte das Synonym der
Rigiden sein, die auch den Zwanghaften zergliedert, der ohnehin seinem Vergnügen
der dürftigen Beschäftigung des Wiederholens ausgeliefert und eingemauert erschei-
nt, könnte dem ironischen Zeitgeist beinahe die Hand reichen. Ein Vertrag der ka-
prizösen Zwanghaften und dem zeitlichen Moment einer Kultur der Ironie, wäre
eine Synthese der Pathologien unter den Pathologien. Der Virus der Ironie, dem der
blanke Zynismus die Haut schälen würde, folgt den Viren mit dem Instinkt der blo-
ßen Zwanghaftigkeit eines Verfolgers, der unter vielen Blinden und Sturen, sich
einnistet und zum lästigen Parasiten wird. Ein Parasit, ein unerwünschter Gast der
hungrigen Neugier, der die Raupe des Verschlingens besser kennt, als der Politiker
sein Parteibuch, vergiftet die Atmosphäre mit dem Stachel der Impfung durch Wie-
derholung. Wiederholung nimmt die Luft zum Atmen, sollte jener Rhythmus im
Takt der Gefräßigen schlagen, der Zug um Zug eine schwindelnde Enge herbei
zaubert, die Tag und Nacht versuchen wird den Widerstand klammheimlich zu bre-
chen. Demnach sollten wir den Widerstand gegen alle erbärmlichen Lichtgestalten
der zwanghaften Kulturironiker verstärken, sollten den Part der hoffentlich erfolg-
reichen Revolte einnehmen, charakterisiert durch den Protagonisten der mensch-
lichen Moral des guten Willens und erkennbaren Humanität, aus dem Bannkreis
aufrechter Demokraten. Eine Demokratie der Ironie, lebendig geworden im Sarg
der Zwanghaften, sardonisch schleichend mit spitzen Zähnen und Krallen, nagt an
Verstand und Geist, weiterhin an Moral und Anstand und klappert wie ein Storch
auf Stelzen. Ein Holzbein sei euch gegönnt liebe Demokraten, seit jedoch auf der
Hut, denn der Wurm der Ironie, beißt euch bereits in das noch Gesunde und die Zeit
des möglichen Widerstandes verstreicht Sekunde um Sekunde. Darum bemüht eure
letzten Kräfte in gemeinsamer Verantwortung und bildet ein Schild gegen Ironiker
und Zwanghafte, die durch Wiederholung von Blockaden, bald im Eifer gefangenen
in Synthese aus Zwang und Ironie, bald lächelnd, bald weinend, nun doch in sich zu
Grunde gehend.

 

Kontakt zum Autor: Wilhelm Westerkamp - nc-westerwi4@netcologne.de 

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