Der Cruncher

Ich hatte gerade mal wieder eine Karre geknackt, so einen alten weißen Kadett, der wenn man ihn bis zum Äußersten tritt höchstens 160 auf die Straße bringt. Der Boden in München wurde mir zu heiß und so beschloss ich meinen Heimweg nach Stuttgart anzutreten. Die Bullen würden bald auf der Suche nach mir sein, und so könnte ich einigem Ärger einfach aus dem Weg gehen.

Die Sonne, welche mir heiß auf den Pelz brannte, und das kühle Bier dazu, hoben meine Laune gleich ein gutes Stück an. Ich tuckerte also los, düste über die Autobahn und musste feststellen, dass ich gerade die letzte Kippe ausdrückte. Also, nichts wie runter von der Autobahn und in die nächste Raststelle rein. Zusätzlich noch ein paar Liter Sprit nach geschoben, denn wer kann wissen, was der Tag noch mit sich bringt. Die Knarre ließ ich natürlich im Auto, es sind schon mehr Typen durch eigenartige Zufälle aufgeflogen. Ich machte mich also gerade wieder so auf den Weg, da fiel mir ein Tramper auf. So ein typisch fertiger Anhalter mit dunklem Kapuzenshirt, langem Ziegenbart und einem Schild auf dem mit schwarzem Edding geschrieben stand: Stuttgart. Wie gesagt, ich hatte eine scheiß gute Laune und so fuhr ich rechts rann und sagte: „Yo, spring rein Alter.“ Nun sah ich auch seinen schon halb zerfetzten Armeerucksack, der lässig an seine Schulter herab baumelte. Kaum hatte er die Tür zu gab ich auch schon Stoff. Yo, ich tuckerte also mit dem Typ mit dem Crucheraussehen so durch die Landschaft und wir kommen ins Gespräch. Ich stelle mich ihm vor und er meint, dass er Rainer heißen würde. „Schön für dich.“, ging es mir durch den Kopf und fragte ihn, was er denn so treibt. Er antwortete artig, dass er die Abendschule besucht. „Baust wohl dein Abi nach?“  „`Ne, meinen Hauptschulabschluss.“

Sehr über den Intellekt meines Mitfahrers begeistert, wendete ich mich wieder meinen eigenen Gedanken und Problemen zu. Wie durch eine dicke Wand aus Nebel drang sein Gelaber an mein Ohr. Desinteressiert hörte ich mehr weg als zu, bis er auf einmal meinte: „Hey Mann, weißt du was man, weißt du man?“

Ich fragte ihn: „Scheiße, was soll ich denn wissen?“

„Hey, weißt du man, ich könnte dir jetzt echt was antun!“

Prüfend schaute ich mir den laufenden Meter Scheiße neben mir an und dachte: „Scheiße, bei mir bist du genau an den Richtigen geraten.“ Langsam musterte ich jede seiner Bewegungen; man kann ja nie wissen auf was für Ideen so ein Speedfreak kommt. Erst als er nach seinem Rucksack griff, fragte ich ihn, wie er das meinte, mit dem Antun. Mit einer scheiß dummen Clownfresse grinste er mich an und sagte: „Weißt du man, hey man, ich schreibe Gedichte, man, und ich würde mich echt freuen, wenn ich dir man eines davon vorlesen dürfte, man!“

Ohne meine Antwort abzuwarten legte er dann auch schon los: „Hey weißt du, man hat es nicht so leicht, man. Weißt du, ich hab da so ne Katze. Verstehst du man, so ne ziemlich alte Katze halt. Weißt du, und bei mir hinterm Haus, da ist so ein richtig cooler Wald. Und in dem Wald, da geh ich immer mal so spazieren, man. Denn so im Wald spazieren und sich ein paar Trips einbauen ist halt das coole Feeling, man. Verstehst du, ich gehe also neulich so in dem Wald spazieren und da muss ich so an meine Katze denken, verstehst du man. Ich denke so an meine Katze und versetze mich in meine Katze, so als ob ich die Katze wäre. Verstehst du? Ich, die Katze, die Katze und ich. Und das war so geil, das ich gleich ein Gedicht darüber schreiben musste, verstehst du? Weißt du was ich meine? Also hier kommt es man.

Katzengejammer

Ich laufe so auf meinen vier Pfoten und merke nicht, wie ich in diesen Spreisen trete und dann kommt der Schmerz...

MIAAAAAAUUUUU!! MIAAAAAUUUUUUUUUUUUUU!!“

Ich riss das Lenkrad bei 160 Sachen herum und zog die Kiste gerade noch so auf den Standstreifen. Im Bruchteil einer Sekunde war die Beifahrertür offen und der Katzenfreund draußen. Mit quietschenden Reifen ging es zurück auf die Straße und als ich mich nach fünf Minuten erholt hatte, dachte ich nur noch:

„Warum hat mir dieses verdammte Arschloch nichts antun können !?“

Kontakt zum Autor: Marc "Amuno" Nemitz  Mr.Fisch@gmx.de
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