Unter Huren und Legionären

Sie hakte den Büstenhalter vorne zusammen. Dann rückte sie ihre Brüste in den mit weißen Spitzen besetzten Körbchen zurecht. Wie eine Obsthändlerin, die ihre Äpfelchen ein bisschen geziert aber kokett und selbstbewusst im Schaufenster drapiert. Ich wunderte mich, dass die BH-Spitzen blütenweiß waren; eher hatte ich vergilbte Schweißränder erwartet.

"C'est la premiére fois? Sie sind zum ersten mal bei einer solchen Frau, Monsieur?" fragte die Frau. "Sie haben noch nie zuvor pour faire l'amour bezahlt?"
"Oui Madame Simone!" Ich war bereits beim Anziehen. Es war meine erste Erfahrung bei einer Berufshure. Nein, gezahlt hatte ich noch nie dafür. Wenigstens nicht so schamlos direkt. Irgendwie zahlen wir schließlich immer; eine Einladung zum Essen, die Blumen und letztendlich auch den Trauschein und seine Folgen.

"Das passiert öfters bei so sensiblen Typen!" sagte die Frau. "Ich kenne das! Sie sind blockiert, Monsieur! Frustriert, weil Sie für die Liebe bezahlen sollen! Das ist gegen Ihre männliche Würde, Monsieur, wissen Sie...!" Sie plapperte freundlich weiter, als wollte sie mir über die Peinlichkeit helfen oder sprachlose Leerräume vermeiden. Ich verstand nur Bruchstücke. Mein Französisch hatte sich zwar stark verbessert, aber dem schnellen provençalischen Dialekt von Marseille konnte ich kaum folgen. Die Geschichte war peinlich genug. Doch das freundliche Geplapper der Französin war tröstlich. Schließlich hätte ich auch an eine geifernde Hyäne geraten können; Pimmel und Psyche wären wohl noch mehr geschädigt worden.

Es hatte einfach nicht geklappt! Ich hatte keinen hoch bekommen! Obwohl ich vor einer halben Stunde mehr liebesbedürftig als geil aber mit einer prallen Hose und der Frau aus der Bar raus und mit ihr hoch in die Absteige in der vierten Etage gestiefelt war. Und jetzt Schlappi auf der ganzen Linie, kaum dass ich ihr die drei Scheine für den Liebesdienst linkisch auf das Nachtschränkchen gelegt hatte. Irgendwie war die Verbindung zwischen Gehirn und Gehänge abgerissen.

Nach harter Wochenarbeit im Hafen war ich an einem Samstagabend auf meiner Suche nach Liebe oder einem anderen Zeitvertreib in einem dieser auf exotisch aufgemotzten Schuppen hinter dem Alten Hafen gelandet. An der Decke Fischernetze und verstaubte Positionslaternen; an der Wand hingen verblasste und eingerissene Farbfotos von Hawaimädchen, denen man auf zwischen den Beinen mit Kugelschreiber Löcher gebohrt hatte. Hinter der Theke zwei gerahmte Plakate mit Legionärsgesichtern. Die Legionäre strahlten für Frankreich wie gemeißelte Gipsmasken oder eingetrocknete Zahnpastareklame. Die Gesichter waren hart und kernig wie Basaltsteine. Mit einem anderen Text hätte das Poster auch für die Waffen-SS oder die Rote Armee werben können. Aus der Jukebox schmachtete "La Paloma". Zwei Frauen saßen an der Theke. Sie hatten an der Kleidung gespart, nicht an der Schminke. Sie taten gelangweilt, aber sie taxierten mich. Eine Serviererin stellte mir die Flasche Bier hin. Die Serviererin bewegte lasziv ihren üppigen Hintern, dessen Rundungen sich auf einem geschlitzten Stofffetzen abzeichneten. Das Bier hätte eine Wärmflasche im Winterbett abgeben können.

Ein Legionär und ein Matrose stritten um den Schlitz in der Jukebox, als sei es das Kätzchen einer Jungfrau. Der Seemann wollte noch einmal La Paloma wählen. Der Legionär bestand auf Edith Piaf's La vie en rose. Die beiden konnten sich nicht einigen. Der Legionär schlug zu. Der Seemann lag am Boden und blutete aus der Nase. Tölpelhaft rappelte er sich auf, schnappte einen Stuhl und wollte sich auf den Legionär stürzen. Der Legionär wich ihm aus. Der Seemann stürzte wieder auf den Boden. Eine der Huren sprang dazwischen und gab dem Legionär eine Ohrfeige. Der Legionär setzte sich an einen Tisch in der Ecke und muffelte verstört in sein Bierglas. Die Hure beugte sich über den Seemann am Boden. Dann rannte sie in’s WC und kam mit einer Rolle Clopapier zurück. Sie riss ein Stück ab und wischte dem Matrosen das Blut aus dem Gesicht. Ihre Brüste waren aus der Bluse gerutscht. Prall baumelten sie über dem Kopf des Matrosen. Der versuchte seinen Mund zwischen die Brüste zu kuscheln. Trunken fingerte er nach den Brustwarzen, wie ein Kind im Halbschlaf nach der Mutter greift. "Nicht hier!" sagte das Mädchen und zog den Matrosen hinter einen Vorhang in ein Nebenkabuff.

Ein besoffener, völlig abgebrannter deutscher Ex-Legionär hatte mir aus seinem Leben erzählt. "Alles verpfuscht!" lallte er. "Meine Alte iss'ne holländische Schlampe! Will mich inne Trinkerheilanstalt bringen! Will sich mein Haus unnern Nagel reißen, die alte Schlampe! Jawoll, mein Haus! Hotel und Restaurant! Dafür hab' ich mir in Saigon und Algier die Eier abschießen lassen. Pour la patrie! Pour la France...!" Er salutierte, schlug besoffen schlingernd die Hacken zusammen und hielt eine Hand schief an den Kopf. Er formte die Hände zu einem Trichter und trompetete: "Taramtatamtatamtataatata" Seine trüben Augen mit den verquollenen Tränensäcken bekamen Glanz. Besessen und mit einem faszinierendem Irrsinn glotzte er auf das Legionärsplakat hinter der Theke. Da stand der Schwabbelbauch mit grauem, eingefallenem Gesicht vor den gemeißelten Gipsvisagen, die Realität vor dem Ideal, und glotzte blödsinnig aus der Schmuddelwäsche. Plötzlich riss er die Hände wie eine imaginäre Maschinenpistole vor den Bauch und knatterte auf das Plakat.
"Rattatatata!" schrie er. "Alle umlegen, diese Wichser!"
"Lass' gut sein!" sagte das Barmädchen zu ihm. Sie warf Geld in die Jukebox und wählte. "Vor der Kaserne, vor dem großen Tor...!" Lale Anderson krächzend und in Deutsch. Marseille-Nostalgie pur.

Der Ex-Legionär starrte blödsinnig in sein Glas. "Iss leer!" lallte er und glotzte mich dumm grinsend erwartungsvoll an. Ich bestellte zwei Bier. "Bist'n Kumpel!" sagte er und legte seine Hand auf meine Schulter. “Ick bin der Heinrich! Heinrich Kawutzke! Ehemals Groß-Berrlin! Jetzt Marseille am Arsch der Welt!” Er schlug wieder die Hacken zusammen und schrie ‘Heil Hitler’. Dann wurde er kumpelhaft und legte einen Arm um meine Schultern. "Wenn du mal kostenlos ficken willst, Kumpel, geh' zu meiner Alten! Jawoll, meine Alte fickt jeden Pimmel, nur mich nicht mehr. Mich lässt diese verdammte Fotze nicht mehr ran..!" Jetzt wurde er trübsinnig, legte die Ellbogen auf den Tresen, vergrub das Gesicht in den Händen und begann zu heulen. Das Barmädchen sagte zu mir: "Lass' ihn! Il est fou!" und tippte sich an den Kopf.

Der Legionär schlug mit der Faust auf den Tresen. "Ich hatte alle Weiber dieser Welt, Kumpel, alle, sag' ich dir! Ab-so-lut alle! Kleene Vietnamfotzen in Saigon und zwölfjährige Arabermuschis im Kinderpuff in Algier. Wenn wir kamen, Kumpel, da ließ die Puffmutter den roten Teppich ausrollen, jawoll, den roten Teppich! Wir haben gefickt wie die Weltmeister! Wie die Weltmeister, sach ick dir! Tagsüber haben uns die Araber aus dem Hinterhalt abgemurkst und nachts haben ihre Frauen uns die Gören gebracht! Ha!" Mit dem Unterleib stieß er ein paar imaginäre Bewegungen gegen den Tresen. "Und wenn De Gaulle uns nicht verkauft hätte, ich wäre heute Colonel, Kumpel! Echt! Kannste mir glauben, Kumpel! Aber dann, bei dieser verkommenen holländischen Schlampe muss ich hängen bleiben...! Ich Arsch!" Er rülpste und spuckte auf den Boden. "Jawoll! De Gaulle und diese Schlampe haben mein Leben verpfuscht..." Er quasselte weiter und wiederholte sich. Schließlich hatte ich genug von dem Geschwätz. Ich sehnte mich nach Ruhe und Zärtlichkeit und wollte mich in etwas Warmem und Feuchtem verkriechen, auch wenn es mich einen halben Wochenlohn kosten würde; es gab Schlimmeres. Mit der ruhigsten der drei Frauen war ich nach oben gegangen. Sie hatte so etwas Verruchtes und zugleich Mütterliches an sich, was mich anzog.

Sie hatte alles versucht! Mit einer Engelsgeduld! Striptease bei Rotlicht! Massagestab! Strapse! Dann sogar Französisch mit filigraner Mundarbeit, obwohl das nicht im Preis vereinbart war. Sie lutschte mir den Schlappi, als wären es Honigbonbons. Sie küsste mir die Brustwarzen wie eine sich verzehrende Liebhaberin. Sie masturbierte sich selbst und ließ mich zuschauen, wie der Vibrator durch die schwarzen Kraushaare und dann kreisförmig um die Klitoris fuhr. Sie streckte mir ihren Hintern hin, und ich sah kleine Perlen tropfen. Es half nichts. Perlen vor die Säue geschmissen. Ich war ein Versager und trauerte mehr meiner verlorenen Männlichkeit als meinen verlorenen Geldscheinen nach. Ich zog mich fertig an, ging zur Tür und sagte "Au revoir, Madame....!"

"Bitte!“ sagte sie zögernd. „Bleiben Sie noch auf eine Zigarette, Monsieur!"
Überrascht und unschlüssig blieb ich an der Tür stehen.
"Kommen Sie, setzen Sie sich! Bitte!" Sie deutete auf das Sofa. "Es war nicht Ihre Schuld! Das kann jedem mal passieren! Morgen sind Sie wieder in Form! Vielleicht ist es nur der Alkohol?! Komm', Lass' uns noch ein bisschen reden! Du bist mir sympathisch! Unten ist sowieso nichts mehr los!“ Mit einer verächtlichen Seitwärtsbewegung blies sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Die Bauern aus der Provinz und die Vertreter kommen unter der Woche, niemals am Wochenende“, fuhr sie fort. „Da sind sie bei Mama und den Kindern! Und auf den besoffenen Legionär kann ich verzichten!"

Ich setzte mich. Sie bot mir eine Zigarette an. "Was willst du trinken?" fragte sie. "Cognac oder Whisky?" Sie hantierte an einem Schränkchen herum und kam mit einer Flasche und zwei Gläser an den Tisch zurück. Sie schenkte ein. Dann legte sie eine Schallplatte auf. Eine Frau sang als hätte sie alle Tiefen dieses Lebens schon hinter sich. "Edith Piaf!" erklärte die Frau. Dann summte sie zur Platte: "Non, je ne regrette rien!" und hob ihr Glas. "Santè!" sagte sie. Ich antwortete idiotisch "Prost!" Wir tranken zügig. Die Frau füllte nach. Sie hatte wieder die Netzstrümpfe aber nicht den Slip angezogen. Jetzt hatte ich Lust, ihr unter den Rock zu greifen und zu streicheln was ich warm und nass vermutete, aber das spielte sich nur im Kopf ab; mein zur Ausführung vorgesehenes Organ hatte die Nachricht nicht empfangen.

"Haben Sie keinen -, keinen -", ich kannte das französische Wort nicht und sagte: "...niemand, der auf Sie aufpasst, ...'pas de gardién'..., keinen... Schutzmann?"
"Du meinst, ob ich keinen Luis habe, keinen Macro, keinen Zuhälter?" Sie lachte. Das Lachen klang bitter. "Keine Angst, mein Kleiner! Die Zeiten sind vorbei! Die Kerle suchen sich jüngere Puten, die richtig Geld bringen. Wenn man auf die Vierzig zugeht, hat man seine Ruhe!" Sie schenkte Cognac nach. "Mein Letzter war ein Korse. Er hätte mit mir reich werden können! Aber das Geld ist bis auf den letzten Sous im Wettbüro gelandet und ich unten in der Bar! Jetzt hat er in Toulon zwei Negerinnen laufen. Die Kerle finden immer wieder Dumme!" Sie seufzte und lächelte zugleich.

"Haben Sie Kinder?" fragte ich, um sie vom Thema abzubringen.
"Ich habe einen Sohn!" Ihre raue Stimme hellte sich auf. "Er ist etwas jünger als du, gerade Sechzehn!" Als ich schwieg, sagte sie: "Er ist in einem privaten Internat in der französischen Schweiz. Ist bald vorm Abitur. Ich besuche ihn regelmäßig einmal im Monat. Soll es einmal besser haben...!" Sie stand auf, ordnete die Plüschtiere und die Zierkissen auf dem Sofa und strich die gehäkelte Überdecke glatt.

Wir redeten über ihren Sohn und über ihre Mutter, die schon in der Erde lag und auch im Leben nicht auf Rosenblüten gebettet gewesen war. Und dann über mich und das Leben das ich führe. Die Frau füllte wieder die Gläser.
"Hast du keine Lust, irgendwo sesshaft zu werden?" fragte sie. "Ich meine, irgend eine Arbeit, die Spaß macht, wo das Geld stimmt, ein eigenes kleines Bistro zum Beispiel, und wenn du nach Hause kommst, wartet deine Frau mit dem Essen und mit der Liebe auf dich...!" Sie sah mich an. Ich wich ihrem Blick aus und brummelte vor mich hin.
Sie fragte: "Glaubst du an die Liebe?"
"Ich denke schon...!" sagte ich zögernd.
"Et alors?"
"Sie ist mir noch nicht begegnet!" wich ich aus und suchte nach Worten, mit denen ich das Thema wechseln könnte. Ehe und Familie! Wenn ich dem alten Mädchen meine Geschichte erzähle, würde sie zur Heilsarmee konvertieren.

„Ich würde gerne für jemanden sorgen!“ sagte die Frau. Ihre Stimme wurde schwerer. Sie legte ihre Hand auf meinen Arm und rieb ihre Nase an meinem Ohr. "Immer nur diese kaputten Typen da unten, das ist doch nichts auf Dauer für eine Frau...!" Sie schien langsam betrunken zu werden. „So ein Typ wie du, für den könnte ich noch mal da sein...!“

„Sie haben doch Ihren Sohn!“ sagte ich und kam mir albern vor. Die Frau streichelte meinen Kopf. "Mon petit! Mon pauvre petit! Mein Kleiner! Mein armer Kleiner!“ sagte sie. Ich ließ mich streicheln und sagte: "Das tut gut!" Sie heulte ein bisschen. Als sie die Tränen abtrocknete, verwischte sie die Schminke um die Augen. Sie sah aus wie ein trauriger, alternder Clown, der beim Abschminken sich der Falten um so deutlicher bewusst wird. Ich griff zu der Schachtel. Ich steckte zwei Zigaretten an und reichte ihr eine. Sie hielt mir den Mund hin und ich steckte die Zigarette mit einem Anflug von Zärtlichkeit und Vertrautheit hinein. Mein Finger berührte ihre Lippen. Die Frau lächelte sehnsüchtig und dankbar.

"Ich hab' Lust auf eine Dusche!" sagte sie. Plötzlich wirkte sie ernüchtert. "Weißt du was, komm', wir duschen noch zusammen, bevor ich wieder runter zur Arbeit muss...!" Sie deutete auf die Duschkabine in der Zimmerecke.

Ich dachte an meinen abgeschlafften Möchtegern, zog mich irritiert aus, schielte auf das Nachtschränkchen, in dessen Schublade meine sauer verdienten Geldscheine verschwunden waren und wankte mit Schlagseite benebelt unter die Dusche.

Die Frau kam nach und drückte sich in die enge Plastikkabine, die nachträglich in eine Nische des Altbaus gezwängt war. "Ich habe dir dein Geld wieder in deine Jackentasche gesteckt!" sagte sie. "Keine Leistung, also auch keine Bezahlung! Nimm' das Geld, lach' dir morgen im Bistro eine nette Verkäuferin oder eine kleine Sekretärin an, eine die jünger ist als ich, glaube mir, die sitzen herum und warten auf einen Sonntagsprinzen! Lade sie ins Restaurant ein! Aber nicht hier in der Hafengegend! Hoch zum Boulevard Prado musst du! Dort sitzen sie in den schicken Cafes und langweilen sich. Besonders wenn die Männer im Fußballstadion von Olympic sind. Sonntagnachmittag ist die Stunde der einsamen Frauen! Überall auf der Welt! Glaube mir das! Mach' ihr dann ein paar Komplimente, rede mit ihr, sei nett, du kannst das! Logisch! Kannst du! Ich weiß es! Und du kannst sicher sein, dass sie mit dir im Bett liegt, noch bevor es Sonntagabend ist!"

Das warme Duschwasser perlte über unsere Körper. Während die Frau redete, hatte sie mir den Rücken eingeseift. Ihre Berührungen waren zärtlich erotisch und mütterlich fürsorglich zugleich.
"Du mir auch!" Sie reichte mir die Seife und drehte sich um. Zwei füllige Arschbacken drückten sich gegen meinen Unterleib. Mein Versager begann zu zucken. Das Blut pulsierte hinein, er wurde steifer und lag plötzlich in voller Montur im Schlitz zwischen den beiden ausgeprägten Rundungen der Frau. Sie lachte und sang: "Olala, c'est bien! C'est très bien!"

Sie ging in die Hocke. Über der Höhe ihres Mundes vibrierte stolz mein Männerstolz. Mit der Zunge leckte die Frau über meine Eichelspitze. Das war wie vierter Advent für einen Sechsjährigen. Bald musste Heiligabend und Bescherung sein! Dann hatte sie ihren Mund wie einen Saugnapf genau über den Ausgang gelegt. Sie begann zu saugen. Sehr langsam, unaufdringlich, mit einer mir unbekannten Zärtlichkeit. Weich und doch unmissverständlich fordernd. In meinem Kopf tanzten Ameisen. Es war wie beim Bolero von Ravel. Mit den bekannten Steigerungen. Das waren nicht mehr die unbeholfenen Stümpereien der jungen Anfängerrinnen, die bisher mit mir geübt hatten. Es war mir, als würde sie das Menna von ganz weit aus dem letzten kleinen Fußzeh hervor saugen. Stromstöße vibrierten durch bisher ungeahnte Nischen und versteckte Höhlen meines Körpers, machten an einer Gehirnwindung eine provozierende Pause und setzten dann umso intensiver ihre Loopings fort. Mit einer Hand streichelte die Frau meine Hoden als würde sie ihr eigenes Baby liebkosen; mit der anderen glitt sie langsam zu meinem Hintern. Sie tastete mich ab, steckte vorsichtig, wie versuchsweise, ihren Finger hinein. Erst ein paar Millimeter, erforschend, neckend, wohl auch provozierend, dann aggressiver bis zur Hälfte. Als ich zu stöhnen begann, fragte sie: "C'est bon? N'est pas?!" Ich nickte keuchend und wand meinen Hintern mit diesem neuen aber überraschend schönen Gefühl und sie bohrte den Finger ganz hinein, bis ich mich aufbäumte, bis ich tief in ihren Mund flutschte und von ihm eingeschlossen wurde wie im warmen Fruchtwasser, und ich aufschrie, ein Schrei, der musste doch durchs ganze Haus gellen? und meine Fontänen in ihren Mund, über ihre Lippen und in das träge sprudelnde Duschwasser spritzten.

Als wir abgetrocknet und angezogen waren, rauchte jeder noch eine Zigarette und sie fragte, ob es mir gefallen habe. Es war schön, sagte ich; so außergewöhnlich aufregend. Ich stammelte, weil ich das französische Vokabular zusammensuchen musste. “So schön wie noch nie zuvor in meinem Leben!” Wie soll man dieses Erlebnis in einer fremden Sprache erklären. Selbst auf Deutsch hätten mir die Worte gefehlt.

Dann brachte sie mich vor die Haustür. Ich wollte ihr die Hand geben oder einen angedeuteten Kuss auf die Stirn hauchen und mich wegschleichen. Aber sie schlang ihre Arme um meinen Hals. “Weißt du...”, begann sie, stockte und flüsterte schließlich. “Ich sollte dir so etwas eigentlich nicht sagen. Aber..., du solltest nie mehr, hörst du, nie mehr in deinem Leben zu einer..., ich meine, zu einer Frau gehen, bei der du bezahlen musst!” Sie küsste mich schnell und verstohlen auf den Mund, drehte sich um und schlüpfte in die Bar.

Abgeschlafft schlich ich die schummrig beleuchtete Gasse der Altstadt hinauf zu meinem Hotel. Suchend fingerte ich in meiner Jackentasche nach den drei Geldscheinen, konnte sie aber nirgends finden.

 

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