Ich bin behindert, und du? |
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Noch vor einiger Zeit habe ich den Kopf geschüttelt und mir konnte keiner einreden, dass es einen Tag im Leben gibt, von dem man sagt: Das ist der schönste in meinem Leben. Da wachsen ja oft Klischees wie derzeit Wettbüros in Wien. Hochzeitstage werden da zum Beispiel oft genannt, die Kehrtwende zum schlimmsten Tage liegt da sehr nahe, Genie und Wahnsinn, Freud und Leid eben. Aber seit diesem Tag könnte ich auch eine Antwort geben, und ich bin mir sogar sicher, dass es der schönste bleiben wird, da bin ich auf einmal weiter, als viele zu glauben denken. Es macht zwar ein wenig nachdenklich, denn man ist sich ja sicher, dass nichts Schöneres mehr im Leben eintreten wird, aber die Gedanken sind frei und meine Erinnerungen auch.
Witziger weise, denn Zufälle gibt es ja angeblich keine, beginnt dieser
schönste Tag in einem Krankenhaus, einer meiner Donnerstage, zwar jetzt
nicht der, welchen ich nun gleich beschreibe, aber eben einer dieser
Donnerstage, also eine dieser obligatorischen, wöchentlichen Untersuchungen. Ängstlich, früher als je zuvor und doch mit einem kleinen Funken an Hoffnung schritt ich mit unsicheren Schritten dem Wartesaal entgegen und, ja genau, sie war wieder nicht da. Unsicher suchte ich mir einen Platz, einen, von dem ich den Gang sah, der zur Rolltreppe und in weiterer Folge im Erdgeschoss ins Freie führt. Von meinem Platz aus, vor allem in sitzender Position sieht man bei den die Rolltreppe heraufkommenden Personen zuerst das Haupt, erst Sekunden später die gesamte Gestalt. Jedes Mal, wenn ich von weitem ein blondes Haar erkennen konnte, stockte mir kurzzeitig der Atem, die Enttäuschung, die kurz darauf folgte, musste von meinem Sitznachbar zur Linken zu hören gewesen sein. Eine Diskussion zwischen einer Schwester und einer sorgenvollen Mutter artete aus, die Streitgespräche wurden immer lauter und verständlicher, sodass man einfach in den Bann gezogen wurde und zuhörte. „Entschuldige, ist da frei?“ Diese Worte kamen von so sanfter Stimme, als ob die Stimmbänder mit Kreide balsamiert worden seien. Irritiert schaute ich hoch und traute meinen Augen nicht: Ein Lächeln, jene Freudigkeit, die mich vor zwei Wochen in so große Hoffnung versetzt hatte, wurde mir, und in diesem Fall wirklich nur mir, geschenkt. Da geht man jegliche Konversation im Geiste zigmal durch, spielt Rollen vor dem Spiegel, so als würde man kurz vor der Premiere stehen und dann kommt nur ein einfaches, stotterndes „Was?“ heraus. Sekunden später ließ ich meinen Film nochmals ablaufen und war schockiert, dass ich ihr so antwortete, wollte es wiedergutmachen und mich vor ihr erheben, aber meine Füße ließen es im Augenblick nicht zu. Ich denke, das ganze Szenarium hat so 30 – 40 Sekunden gedauert und ehe ich mich verbal entschuldigen konnte, kam sie mir zuvor. „Ich
würde mich gerne neben dich setzen, hier ist doch frei, oder?“ |
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