Sardinien
 

Irgendjemand brachte eine Karton Wein mit, überflüssigerweise, denn das Scheißhaus war eh schon total verkotzt und alle waren hinüber. Ich schnappte mir eine Flasche und machte, dass ich da wegkam. Draußen kam ein Zeitungsträger vorbei, ich kaufte ihm eins seiner Schmierblätter ab und er nahm einen tüchtigen Schluck von der Pulle.

“Danke Alter. Tut gut bei der Kälte.”

Es war Sommer sieben Uhr morgens und es hatte über 20 Grad. Ich wollte nur noch nachhause. Aber das Problem war, dass ich keins mehr hatte. Meine Lady hatte mich rausgeworfen. All der Alkohol. All die anderen Frauen. Das Übliche. Brauch ich Euch ja nicht erzählen. Ich hatte noch 600 Mücken einstecken, damit konnte man sich noch eine Zeitlang über Wasser halten. Lass einem Mann noch soviel Geld, dass er einen Monat über die Runden kommt, dann wirst du ihn nicht auf die Bretter schicken. Jedenfalls stand ich da mit einem Koffer am Hafen, kaufte mir ein Billigticket für 150 und legte mich zu den anderen an Deck schlafen. Die Geräusche der Schiffschrauben überdeckte ich mit einem Walkman und Rockmusik. Irgendwann morgens war da ein Mädchen: Dunkle Haare, passable Figur, um die dreißig.

“Na, auch in Urlaub?” fragte sie mich.
“Hmmm, ja, könnte man so sagen.”

Wir machten noch eine weile Small Talk, sie gab mir ihre Telefonnummer und dann legte der Seelenverkäufer an.

Ich hatte gar keinen Plan, was ich hier überhaupt wollte. Eine beschissene Insel im Mittelmeer. Kannte weder Sprache noch Gebräuche. Naja, dachte ich mir, fürs erste bleibst mal da und der Rest wird sich ergeben. Als erstes ging ich in eine Bar. Die gab es da haufenweise. Acht Uhr morgens und die Männer waren alle am Trinken. Aha, die Leute schienen okay zu sein. Dann kam so ein Bonzenarsch rein. Er sah sich um, dann deutete er auf bestimmte Leute und winkte sie zu sich her. Eine Stunde später war ich mit etlichen Marokkanern und Albanern auf irgendwelchen Feldern und schleppte Strohballen. Es hatte 40 Grad Hitze und mir lief das Arschwasser bis in die Socken. Aber es gab Wein im Überfluss und das machte das Ganze einigermaßen erträglich.

Ich hatte mir eine Bar gesucht in der ich Stammgast war und wo ich oben auf dem Dachboden pennen konnte. Die Frau meines Vermieters war ein geiles Stück Arsch und blies nach allen Regeln der Kunst. Außerdem versorgte sie mich mit Drinks und Lebensmitteln. Das Leben schien ein Gesicht zu bekommen. Tagsüber machte ich irgendwelche Gelegenheitsjobs. Aber nur dann, wenn das Geld ausging. Die andere Zeit lag ich am Meer, bekiffte und besoff mich und sah mir die halbnackten Girls am Strand an. Und während sich in der Heimat alles um Geld und Anerkennung drehte, stand hier die Welt so still wie nach einem Atomschlag. Es ist ein leichtes, sich einen Strick zu kaufen und sich aufzuknüpfen, wenn es nicht mehr weiter geht, aber es ist ein anderes, neue Wege zu gehen. Das wollte ich Euch damit sagen.
Ich hoffe, dass Euch das etwas tröstet.
Wenn nicht: Der Strick ist auch keine schlechte Alternative.


 
Kontakt zum Autor: lurchine2@yahoo.de

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