Zu viel Nähe


Es ist nachts halb eins. Ich muss unbedingt mal aufs Klo. Die Tür steht offen und sie steht da im Dunkeln, das Nachthemd über die Hüften hochgezogen, und während sie sich untenrum irgendwas abwischt fragt sie mich: "Weißt du, wo unsere Zeckenzange ist?".

"Nee." antworte ich kurz und mache, dass ich wegkomme.

"Die ist doch bekloppt", sage ich zu mir, als ich wieder im Wohnzimmer bin, "kein Mensch hat bei uns Zecken, was soll das jetzt?". Es scheint ihr auch überhaupt nichts auszumachen, wenn ich sie so sehe.

Mir schon. Ich finde, das ist so eine Art Erotik-Killer, diese Art von Freizügigkeit und Vertrautheit, die einfach einen Schritt zu weit geht. Wenn sie zum Beispiel mit heruntergelassenen Hosen durch die Wohnung schlurft, nur weil sie ihre Monatsbinde nicht im Bad loswerden kann, sondern vor aller Augen demonstrieren muss, wie sie sie in der Küche in den Mülleimer schmeißt. Oder wenn sie sich ihre tägliche Spritze verpasst, indem sie das Fett an ihrem Bauch in eine Hand nimmt und das Ding da rein sticht, wobei sie dann auch noch jammert und schreit, weil sie scheinbar nicht die richtige Stelle erwischt hat, oder es vielleicht auch bloß noch nicht oft genug geübt hat, so dass es eben weh tut. Aber alle um sie herum sollen daran Anteil haben, als wäre es die normalste Sache der Welt. Ich will das nicht mehr sehen, es widert mich an. Sie aber fragt mich, warum zwischen uns nichts mehr läuft. Ich kann es ihr nicht erklären, es ist nur ein Tick zu viel Vertrautheit.

 
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