Sonntagmorgen |
Ich saß in der Straßenbahn, auf dem Weg nach Hause. Normalerweise sehe ich mir die Leute draußen nicht genauer an. Normalerweise bin ich mit mir selber beschäftigt und das schon seit Jahren. Normalerweise ist mir alles egal. Die Bahn hielt vor einer Ampel und ich blickte gelangweilt nach draußen. Ein junger Mann war gerade dabei, sein Auto zu putzen. Geschäftig lief er hin und her, öffnete alle Türen, auch den Kofferraum. Er holte nichts raus und tat auch nichts hinein. Er stapelte nur ein paar Sachen von einer Ecke in die andere und dann blieb er unschlüssig stehen. Es gab nichts mehr zu tun. Er stand vor einem Haus und ich hätte schwören können, in welcher Etage er wohnte. Ganz unten, parterre. Er stellte sich an den unteren Balkon und wartete. Auf seine Putzfee. Die Frau, die ihn aus der Wohnung getrieben hatte. Er konnte nicht reingehen. Nicht bevor sie fertig war. Nur deswegen war er draußen. Er wartete, dass sie auf den Balkon kam, aber er traute sich nicht, sie zu rufen. Er klingelte nicht. Als die Bahn weiterfuhr, wusste ich, er würde noch lange da stehen. Es war noch zu früh. Die Putzfee war noch nicht soweit. Es war Sonntagmorgen in Deutschland. Die Zeit, wo man so ziemlich alles in Frage stellen konnte. Selbst eine glückliche Ehe. |
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